Was wurde vor dem Achtelfinale des Brandenburgpokals der Frauen zwischen dem FSV Babelsberg 74 und der BSG Stahl Brandenburg nicht so alles geschrieben. Es gipfelte im Ausspruch, dies sei das vorweggenommene Finale. Und was soll man sagen, die Schreiber sollten recht behalten. Die Sprache ist voll mit Floskeln, die einfach daher gesagt werden, ohne groß nachzudenken. Dieses Spiel in Babelsberg als „Achterbahn der Gefühle“ zu beschreiben, kommt der Wahrheit dennoch am nächsten. Obwohl, die Emotionen, die die Spielerinnen beider Teams, wie auch die Trainerstäbe, an diesem Sonntag durchlebten, lassen sich nicht in Worte fassen.
„So etwas habe ich noch nie gesehen“, meinte Stahl-Coach Sebastian Fräsdorf, wenn er an diese irre Partie zurückdenkt. Beide Reihen begegneten sich mit höchstem Einsatz, in einer hart aber stets fair geführten Begegnung. Um die Überlegenheit im Mittelfeld der mit einer Dreierkette agierenden Babelsbergerinnen zu kompensieren, bekamen Anja Seelhoff, Stella-Fabienne Hobert sowie Livia Bauer drei feste Gegenspielerinnen zugewiesen, denen sie nicht von der „Pelle“ rücken sollten. Dies war sehr kraftaufwendig, doch da die Stahl-Spielerinnen dies durchzogen stellten sie die Gastgeberinnen vor Probleme. Über weite Strecken der ersten Hälfte neutralisierten sich beide Teams.
Doch in der 37. Minute unterlief den Gästen ein Ballverlust in der Vorwärtsbewegung auf der linken Seite. Der Angriff ging schnell über Aline Reinkober nach vorn und ihre präzise Flanke verwertete Inka Wesely eiskalt zur Führung. Der Treffer zeigte Wirkung bei den Gästen, nur zwei Minuten später nutzte Denise Simon die Verwirrung zum 2:0. Es sollte noch schlimmer kommen. Kurz darauf jagte Jenny Leonie Löwe einen Freistoß in den Stahl-Kasten zum 3:0 (42.). Torfrau Celina Pflanz wurde kalt erwischt, war jeweils machtlos bei den Gegentreffern. Zum Glück für die Brandenburgerinnen ertönte wenig später der Halbzeitpfiff. Eine gute Gelegenheit sich neu zu Sammeln.
In der Kabine ließ das Trainerteam die Mannschaft erst einmal diskutieren. Sie konnte selbst die Fehler analysieren. Dann folgten lobende Worte, denn bis auf die Endphase hatte der Matchplan funktioniert. Das Team sollte möglichst schnell ein Tor vorlegen, dann würde noch genug Zeit verbleiben. Diese hehren Worte mussten nur noch mit Leben gefüllt werden und das taten die Stahl-Frauen. Kurz nach dem Wiederanpfiff erzwangen sie eine Ecke, die Seelhoff (47.) per Kopf zum 1:3 in die Maschen drückte. Nur fünf Minuten später ein erneuter Eckball, diesmal mit einer anderen Variante. Nutznießerin war Janine Groth, die den 2:3-Anschlusstreffer erzielte.
Im Gegensatz zur Schlussphase der ersten Hälfte war es nun eine spiegelverkehrte Angelegenheit, in der die Brandenburgerinnen das Geschehen bestimmten. Die FSV-Damen befreiten sich kaum noch, sahen sich immensem Angriffsdruck ausgesetzt. Hatte in der 63. Minute Marlen Wodtke noch Pech beim Abschluss, machte sie es kurz darauf perfekt. Die FSV-Torfrau Nina Haeberlin kam ihr entgegen und mit einem Lupfer erzielte Wodtke den Ausgleich. Was keiner zur Pause für möglich hielt, die Stahl-Frauen hatten sich zurückgekämpft, die Partie quasi auf „null gestellt“.
Die Aufholjagd hatte Kraft gekostet, die Gäste nahmen ihrerseits nun das Tempo heraus, um neue Kraft zu tanken. Hinterher lässt sich leicht spekulieren, ob sie nicht hätten dran bleiben sollen, die Babelsbergerinnen weiter zu verunsichern. Menschlich ist es jedoch nachvollziehbar, dass die Stahl-Elf einen Gang zurückschaltete. So wurde die Partie wieder offener, beide Teams kamen noch zu je einem guten Abschluss aus der Distanz.
In der 3. Minute der Nachspielzeit versetzten die FSV-Kickerinnen ihrem Gegner den vermutlichen Ko.-Schlag. „Als das 5:4 fiel dachte ich, das war’s. Das können wir nicht mehr schaffen“, gestand Trainer Fräsdorf. Er hatte aber die Rechnung ohne Nathalie Säger gemacht, die vorn unglaublich rackerte, viele Ballgewinne verzeichnete und den Abschluss suchte. In der 90.+ 6. Minute hatte sie allerdings ein wenig Glück. Ihre Flanke von außen wurde immer länger und schlug schließlich im FSV-Tor ein. Dies war sicherlich nicht so gewollt, tat der Stimmung bei den Gästen aber keinen Abbruch. Dieses packende Achtelfinale erhielt also einen Nachschlag.
In der ersten Hälfte der Verlängerung tat sich auf dem Platz zunächst wenig, beide Mannschaften schienen eher bemüht keine Fehler zu machen, um nicht in Rückstand zu geraten. Doch in der 97. Minute erwischte es die Brandenburgerinnen erneut. Nach einer zu kurz abgewehrten Ecke traf Katharina Kupfer zum 5:4. Aber diesen Rückschlag korrigierten die Stahl-Frauen noch in diesem Durchgang. Säger holte sich den Ball im FSV-Strafraum herunter und drosch ihn aus acht Metern zum 5:5 (104.) in die Maschen. In der zweiten Hälfte gaben alle Spielerinnen ihr Letztes, aber da keine weiteren Treffer fielen, ging es ins Elfmeterschießen.
Die BSG Stahl begann und Livia Bauer schoß über den Querbalken. Großes Aufatmen bei ihr, als Verena Röder es ihr gleichtat. Im nächsten Versuch scheiterte Vanessa Bürger an Haeberlin, die sich aber zu früh bewegte. Der Elfmeter musste wiederholt werden, aber mit dem gleichen Ergebnis. Dann legten die FSV-Frauen vor, Jessica Finkbeiner glich nochmals zum 6:6 aus. Dann erzielte Simon das 7:6, ehe ein weiterer Versuch der Gäste nicht ihr Ziel fand. Mit dem 8:6 durch Löwe war dann die Entscheidung gefallen. Es gab hinterher keine Schuldzuweisungen bei den Schützinnen. Wer sich der Herausforderung stellte, hatte jeden Respekt verdient, egal wie es ausging.
Natürlich überwog unmittelbar darauf die Enttäuschung, die aber schon in der Kabine dem Stolz Platz machte, für eine ungeheure Leistung. Die Stahl-Frauen hatten ihren Beitrag für ein tolles Frauenfußballspiel geleistet, was keiner, der dabei war, vergessen wird. Was soll danach noch im Pokal kommen? Die Brandenburgerinnen sollen sich bei den zukünftigen Aufgaben immer bewusst machen, dass sie es waren, die den aktuellen Tabellenführer am Rande der Niederlage hatten und ihm die ersten Gegentore beibrachten. Die Stahl-Spielerinnen haben die Qualität für große Auftritte, sie müssen sie nur stetig abrufen.